Die erste Lebenswoche – Eine besonders prägende Zeit

Aktualisiert am: 07.12.2021

Das Wochenbett beginnt mit der Geburt und dauert etwa sechs bis acht Wochen. In dieser Zeit machen Mutter und Baby große körperliche und mentale Veränderungen durch.

Beide müssen sich von der Geburt erholen, sich kennenlernen und einen neuen Familienalltag etablieren. In der der ersten Lebenswoche ist dabei die Welt für Eltern und Baby noch ganz neu. Neben dem Aufbau der Eltern-Kind-Bindung ist vor allem die körperliche Entwicklung des Babys bemerkenswert.

Was das Baby in der ersten Woche seines Lebens schon kann, welche Überraschungen zu erwarten sind und worauf man sonst noch achten muss, erklären wir in diesem Artikel.

 

Vorsorgeuntersuchung 2

Babys, die im Krankenhaus geboren werden, erhalten die Vorsorgeuntersuchung 2 fast immer vor der Entlassung aus der Klinik. Nach ambulanten oder häuslichen Geburten muss dieser Termin beim Kinderarzt wahrgenommen werden.

Die U2 findet idealerweise zwischen dem dritten und zehnten Lebenstag statt. Neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung gehören unter Umständen auch ein Hörscreening und eine Stoffwechseluntersuchung. Mehr Informationen zu den Vorsorgeuntersuchungen haben wir in einem separaten Artikel zusammengefasst: https://www.lalemie.de/babys-gesundheit/.

 

Entwicklung der Sinnesorgane – Was kann das Baby mit einer Woche?

Die meisten Sinne des Babys sind bei der Geburt noch nicht voll ausgereift. Mit zunehmenden Sinneseindrücken reifen die jedoch nicht nur die Sinnesorgane, sondern auch das Gehirn und die Nervenbahnen, die eine Reizweiterleitung möglich machen.

 

Babys können gut hören

Ungefähr zeitgleich mit dem ersten Herzschlag[1] verfügt der Embryo bereits über funktionierende Hörorgane. Bereits in der sechsten Schwangerschaftswoche beginnen die Ohren sich zu entwickeln. Funktionsfähig ist das Ohr zehn Wochen später.[2]

In der 22. Schwangerschaftswoche können anhand von Bewegungen oder der Herzfrequenz bereits die ersten Reaktionen auf Geräusche oder Musik beim Fötus beobachtet werden. Auf tiefe Töne reagieren Babys dabei besonders gut, weil die langwelligen Töne vom Fruchtwasser am wenigsten gefiltert werden.[3]

Bei der Geburt kann das Baby fast so hören wie ein Erwachsener. Im Gehörgang verbliebenes Fruchtwasser kann in den ersten Lebenstagen den Geräuschpegel etwas dämpfen. Sobald sich dieses verflüchtigt hat, kann das Baby klar hören und beginnt, die Stimmen der Eltern zu erkennen.

Auf hohe Töne reagiert es dabei besonders positiv. Viele Eltern verändern deswegen intuitiv ihre Stimmlage, wenn sie mit ihrem Baby sprechen.

Weil die Entwicklung des Gehörsinns eng mit der Sprachentwicklung zusammenhängt, nimmt die Gesundheit der Ohren einen besonderen Stellenwert bei der Gesundheitsfürsorge ein.

Obwohl das Ohr bereits bei der Geburt voll ausgereift ist, verändert sich der Gehörsinn des Babys in den ersten Lebensmonaten. Insbesondere die Nerven und die für das Hören zuständigen Bereiche im Gehirn benötigen nach der Geburt einiges an Zeit, um sich voll zu entwickeln. Die Reifung der Nervenbahnen und des Hörzentrums wird durch Sinneseindrücke gefördert.

Deswegen ist es besonders wichtig, dass das Baby vom ersten Lebenstag an über funktionierende Hörorgane verfügt. Sie versorgen das Gehirn mit allen akustischen Sinneseindrücken, die für eine gesunde Entwicklung erforderlich sind.

Auf das Hörscreening bei der Vorsorgeuntersuchung 2 sollte deswegen auf keinen Fall verzichtet werden. Die Untersuchung ist absolut schmerzfrei und dauert nur wenige Minuten.[4]

Erkrankungen des Ohres sollten auch im späteren Lebensalter immer ernst genommen und von einem Kinderarzt abgeklärt werden, um Folgeschäden und damit einhergehende Entwicklungsverzögerungen zu vermeiden.

 

Sehen

Im Vergleich zum Gehörsinn ist das Sehvermögen des Babys in der ersten Lebenswoche stark eingeschränkt. Nur auf eine Entfernung von etwa 20 – 25 cm kann das Baby scharf sehen.[5] Dies entspricht etwa der Entfernung, die das Gesicht der Mutter beim Stillen vom Baby entfernt ist. Instinktiv gehen Erwachsene deswegen näher an das Baby heran, wenn sie Kontakt mit ihm aufnehmen wollen.

Auch beim Tragen vor der Brust entspricht der Abstand etwa der Entfernung, in der das Baby scharf sehen kann. Gesichter und die Brust der Mutter sind dabei besonders interessant und erkundenswert. Das eigene Spiegelbild wird von Babys ebenfalls gerne und ausführlich betrachtet.

Schon in der ersten Lebenswoche kann das Baby erste Gesichter voneinander unterscheiden. Viel Blickkontakt mit den wichtigsten Familienmitgliedern schafft ein tiefes Vertrauen und sorgt gleichzeitig für eine gute Entwicklung der Eltern-Kind-Bindung.

Neugeborene können vor allem Helligkeitsunterschiede und hohe Kontraste gut erkennen. Farbtöne können Babys nur dann gezielt unterscheiden, wenn sie einen hohen Kontrast aufweisen. Schwarz und Weiß können also beispielsweise besser voneinander unterschieden werden als Rot und Orange.

Mit diesem Wissen können Eltern Einrichtungsgegenstände, Dekoration und Spielzeuge auswählen, die vom Baby interessiert betrachtet werden und so lange Freude bereiten.

Die Sehschärfe durchläuft im Laufe der nächsten Monate viele Entwicklungsschritte. Ganz ausgereift ist sie jedoch erst im zweiten Lebensjahr.

Obwohl es also noch eine ganze Weile dauert, bis das Baby wirklich scharf sehen kann, ist ein der gesunden Entwicklung entsprechendes Sehvermögen wichtig für die frühkindliche Entwicklung.

 

So stark verändert sich das Aussehen des Babys in der ersten Woche

Bei der Geburt haben Neugeborene optisch nicht viel gemein mit den Babys, die wir aus der Werbung kennen. Die Haut ist anfangs rötlich-blau gefärbt, mit Käseschmiere bedeckt und weist viele Falten auf.

Durch die Passage des engen Geburtskanals ist das Köpfchen stark verformt und in die Länge gezogen. In der ersten Lebenswoche durchläuft das Aussehen des Babys jedoch eine starke Veränderung.

Verantwortlich für den deformierten Schädel sind die sogenannten Fontanellen. Der Schädel des Babys ist bei der Geburt noch nicht vollständig verknöchert, sondern besteht aus einzelnen Knochenfragmenten. Die insgesamt sechs Knochenspalten[6] zwischen den Schädelplatten ermöglichen, dass sich diese bei der Geburt gegeneinander verschieben. Auf diese Weise kann auch der relativ große Kopf die Geburt schadlos überstehen.

Die Fontanellen sind in der ersten Lebenswoche gut zu erkennen. Vor allem der größte Knochenspalt auf dem Oberkopf wird das Erscheinungsbild des Köpfchens noch eine ganze Weile prägen. An der großen Fontanelle kann sogar der Pulsschlag des Babys beobachtet werden.

Auch die Hautfarbe des Babys verändert sich in den ersten Lebenstagen. Eine bei der Geburt eventuell vorhandene Neugeborenen-Gelbsucht sollte ab dem fünften Lebenstag abklingen, sodass die natürliche Hautfarbe des Babys zunehmend zum Vorschein kommt.

Auch die faltigen Hautveränderungen, die vom Fruchtwasser herrühren, bilden sich in der ersten Lebenswoche zurück, sodass die Haut am ganzen Körper prall und zart erscheint.

Die Augenfarbe des Babys ist schon vor der Geburt genetisch festgelegt. Trotzdem kann es sechs bis zwölf Monate dauern, bis die endgültig Augenfarbe des Babys feststeht.

Für die Entwicklung der Augenfarbe ist der Farbstoff Melanin verantwortlich. Dieser ist bei der Geburt häufig nur wenig oder gar nicht vorhanden, sodass die Augen vieler Babys zu Beginn blau sind. Mit dem Einsetzen der Melaninproduktion ändert sich die Augenfarbe und entwickelt sich im Laufe der weiteren Monate immer weiter zu der Farbgebung, die genetisch vorprogrammiert ist.[7]

Auch das bei der Geburt vorhandene Lanugohaar fällt in den ersten Lebenstagen aus, sodass manche Babys im Alter von einer Woche zunächst eine Glatze haben. Das normale Haarwachstum setzt jedoch mit dem Verlust des Lanugohaares ein und wird alsbald für neue Kopf- und Körperbehaarung sorgen.

Genau wie die Augenfarbe sorgt die nicht ausgereifte Bildung von Pigmenten dafür, dass sich in der ersten Lebenswoche die endgültige Haarfarbe noch nicht erkennbar zeigt. Auch die Haarstruktur in der ersten Lebenswoche kann sich im Laufe der Entwicklung weiter verändern und so dafür sorgen, dass sich das Aussehen des Babys immer wieder verändert.

Eine der spannendsten Fragen bei der Beurteilung von Babys Aussehen ist natürlich, ob das Baby seiner Mutter oder seinem Vater ähnlich sieht. In den ersten Lebenswochen ist das Erscheinungsbild durch die Veränderungen von Augen- und Haarfarbe sowie Haarstruktur und Gewichtsveränderungen so starken Schwankungen unterworfen, dass eine Beurteilung darüber in der ersten Lebenswoche noch nicht möglich ist.

 

Körperliche Entwicklung

In der ersten Lebenswoche lässt sich bei der Gewichtsentwicklung vieler Babys eine erstaunliche Veränderung beobachten: Obwohl das Baby mehrmals täglich gestillt wird, verliert es in der ersten Lebenswoche an Gewicht.

Diese Entwicklung ist vollkommen normal und zunächst kein Anlass zur Sorge. Die anfängliche Gewichtsabnahme wird vor allem durch die Ausscheidung des Mekoniums verursacht. Weil das Baby gerade in den ersten Lebenstagen mehr ausscheidet als es zu sich nimmt, verliert es natürlicherweise an Gewicht.

Nach der ersten Lebenswoche sollte die Gewichtsabnahme ihren Höhepunkt erreicht haben. Der Gewichtsverlust sollte dabei maximal 10% des Geburtsgewichts betragen. Die meisten Babys haben nach 14 Tagen ihr Geburtsgewicht wieder erreicht und nehmen ab da kontinuierlich zu.

Voll gestillte Babys sollten deswegen zunächst weiter gestillt werden. Mit dem Zufüttern sollte so lange wie möglich gewartet werden, um eine Saugverwirrung zu verhindern. Wird das Baby nicht satt oder treten andere Probleme beim Stillen auf, sollte vor dem Zufüttern die Hebamme um Rat gefragt zu werden.

Anders als das Gewicht sagt die Körpergröße nur wenig über den Ernährungszustand des Babys aus. Das Längenwachstum kann sehr individuell sein und beträgt im Schnitt einen Millimeter pro Tag.[8]

Muskeln, Knochen und Gelenke des Babys sind in der ersten Geburtswoche ebenfalls noch nicht ausgereift. Viele knöcherne Strukturen wie der Schädel oder die Hüfte sind noch von hohen knorpeligen Anteilen geprägt. Die Ausreifung des Skeletts nimmt ebenfalls viele Monate Entwicklungsarbeit in Anspruch.

Auffällig und ebenso wichtig zu wissen ist, dass Neugeborene ihren Kopf nicht selbst halten können. Im Vergleich zum restlichen Körper ist er überproportional groß und schwer. Der noch schwachen Halswirbelsäule und der Nackenmuskulatur ist es deswegen nicht möglich, den Kopf zu halten und zu stabilisieren.

Muskulatur und Motorik entwickeln sich ebenfalls erst zu einem späteren Zeitpunkt. Viele Bewegungen des Babys sind außerdem auf Reflexe zurückzuführen. In der ersten Lebenswoche ist das Baby noch nicht in der Lage, alle Bewegungen kontrolliert und aktiv auszuführen.

 

Frühkindliche Reflexe – Babys frühkindliches Programm fürs Überleben

Babys können nichts außer Schreien, Essen und Schlafen? Weit gefehlt!  Neugeborene kommen mit einer Reihe von Reflexen auf die Welt, die in den ersten Lebenstagen und -wochen die Überlebenswahrscheinlichkeit erhöhen. Einige dieser Reflexe sind für unsere neumodische Welt im 21. Jahrhundert überholt, jedoch im Entwicklungsschema immer noch vorhanden.

Andere Reflexe hingegen haben bis in die heutige Zeit einen wichtigen Nutzen und sichern das Überleben. Die Funktionsfähigkeit und auch die Rückbildung der Reflexe gibt dem Kinderarzt Aufschluss darüber, wie vollständig der Entwicklungsstand des Babys ist.

Das Auslösen und Überprüfen der Reflexe ist deswegen ein wichtiger Bestandteil der Früherkennungsuntersuchungen.

Bei Reflexen handelt es sich um Bewegungsabläufe, die automatisch abgespielt werden, wenn ein entsprechender Reiz gesetzt wird. Mit Reifung des Gehirns und des Nervensystems entwickeln sich die frühkindlichen Reflexe im Laufe der ersten Lebensmonate zurück.

Sie werden im Laufe der Reifung von Gehirn und Nervensystem durch willkürliche Bewegungen ersetzt, die vom Baby aktiv kontrolliert werden können.[9]

 

Greifreflex

Der Greifreflex wird beim Berühren der Handflächen und Fußsohlen ausgelöst. Er ist von der Geburt an vorhanden und verliert sich ab dem fünften Lebensmonat, wenn das Baby lernt, aktiv und zielgerichtet nach Gegenständen zu greifen.[10] Mithilfe des Reflexes umklammern Babys z. B. einen Finger, den man ihnen in die Hand legt.

Beim Tragen und beim Stillen kann der Greifreflex besonders gut beobachtet werden. Er ist ein Zeichen für Babys Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit und steht im Zusammenhang mit dem Saugreflex.

Beim Stillen wird der Zusammenhang der beiden Reflexe besonders deutlich: Berührt man vor dem Füttern die Handflächen, öffnen viele Babys automatisch den Mund. Umgekehrt greifen die Hände instinktiv an die Brust, wenn das Baby mit dem Saugen an der Brust beginnt.

 

Suchreflex

Berührt man mit der Brust oder mit dem Finger den Mundwinkel oder die Wange des Babys, wird es seinen Kopf intuitiv in die Richtung der Berührung wenden. Der Reflex löst das Suchen nach der Brust aus und ist gepaart mit willkürlichen Bewegungen, die das Auffinden der Nahrungsquelle erleichtern.

In den Minuten nach der Geburt ist der Suchreflex besonders stark ausgeprägt. Nach einigen Tagen des Stillens kann man außerdem beobachten, wie das Baby beginnt, sich zur Brust hin zu bewegen, wenn die Mutter es auf den Bauch legt und der Reflex ausgelöst wird.

Reagiert das Baby dabei besonders stark auf die Berührung, kann das als eindeutiges Hungerzeichen gewertet werden. Woran man sonst noch erkennt, dass das Baby Hunger hat, erklären wir in unserem Artikel über das Stillen: https://www.lalemie.de/das-erste-mal-stillen/

Nach dem dritten bis vierten Lebensmonat bildet sich der Suchreflex zurück und legt damit einen der Grundsteine für die Beikost.

 

Saug- und Schluckreflex

Der Saug- und Schluckreflex kann genau wie der Suchreflex vor allem bei Hunger beobachtet werden. Er ermöglicht dem Baby die Nahrungsaufnahme und sichert so sein Überleben.

An dem komplexen Bewegungsvorgang sind viele Strukturen im Mund- und Rachenraum beteiligt, die das Baby vor dem Verschlucken schützen. Ausgelöst wird er durch eine Berührung des Gaumens. Das Baby beginnt instinktiv zu saugen und schluckt automatisch, wenn es Nahrung in den Mund bekommt.

Anders als viele andere frühkindliche Reflexe bildet sich der Saug- und Schluckreflex nicht vollständig zurück. Nur der Saugreflex wird im Laufe der Entwicklung durch kontrolliertes und bewusstes Saugen ersetzt.

Der Schluckreflex hingegen bleibt dem Menschen ein Leben lang erhalten und sorgt auch im Erwachsenenalter[11] dafür, dass beim Schluckakt die Luftröhre durch den Kehldeckel verschlossen wird.

Damit keine Nahrung in die Atemwege gelangt, muss beim Schluckakt außerdem den Nasenrachenraum verschlossen werden. Der Saugreflex bildet sich zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat zurück.

 

Schreitreflex

Wenn man das Baby unter den Armen greift, während gleichzeitig die Füße eine feste Unterlage berühren, wird der Schreitreflex ausgelöst. Dieser ist ebenfalls angeboren und verliert sich nach dem zweiten Lebensmonat.[12]

Die vergleichsweise kurze Dauer weist daraufhin, dass der Schreitreflex nach der Geburt für das Baby keine wesentliche Bedeutung mehr hat. Anders als häufig angenommen, trägt der Schreitreflex nicht zum Laufenlernen bei, weil er sich längst zurückgebildet hat, wenn das Baby mit etwa 10 – 12 Monaten seine ersten aktiven Schritte macht.[13]

 

Schwimmreflex

Der Schwimmreflex kann beim Babyschwimmen und manchmal auch in der Badewanne beobachtet werden. Liegt das Baby in Bauchlage im Wasser, beginnt es automatisch und unwillkürlich mit einem Bewegungsmuster, das an das Schwimmen erinnert.

Achtung: Es handelt sich dabei nicht um aktive Schwimmbewegungen, die dem Baby dabei helfen den Körper und insbesondere den Kopf über Wasser zu halten. Der Atemschutzreflex verhindert jedoch in den ersten Lebenswochen das Eindringen von Wasser in die Atemwege. Trotzdem können Babys auch in flachem Wasser schnell ertrinken, wenn man sie unbeobachtet lässt.

 

Moro-Reflex

Der Moro-Reflex und sein Bewegungsmuster gehören zu den eindrucksvollsten frühkindlichen Reflexen. Er wird ausgelöst, wenn das Baby sich erschreckt. Auslöser können laute Geräusche, plötzlich wechselnde Lichtverhältnisse und abrupte Veränderungen der Körperposition sein.

Die Körpersprache des Babys gleicht dabei einer Schockreaktion: Der Mund wird weit geöffnet, die Arme werden ruckartig ausgestreckt und die Finger weit auseinandergespreizt. Bei einer heftigen Schockreaktion zieht das Baby zudem die Beine Richtung Körper an. Begleitet wird die Bewegung von einem tiefen Atemzug.

Anschließend werden die Arme zur Brust gezogen, die Hände zu Fäusten geballt und der Mund wieder geschlossen. In einigen Fällen beginnt das Baby infolge der Schockreaktion zu weinen.

Beim Moro-Reflex werden außerdem Stresshormone ausgeschüttet.[14] Das Baby atmet schneller und auch sein Herzschlag erhöht sich. Die Funktion dieses Bewegungsmusters lässt sich evolutionsbiologisch erklären.[15]

Für den Fall, dass die Mutter das Baby versehentlich fallenlässt, ermöglicht das Ausstrecken der Arme und das Spreizen der Finger dem Baby, sich am Körper der Mutter festzuhalten.

Unmittelbar nach der Geburt erleichtert der Moro-Reflex den ersten Atemzug. Auch im Schlaf kann die Reaktion beobachtet werden. Viele Babys schrecken dabei hoch; einige werden sogar vollständig wach.

Stört der Reflex regelmäßig die Schlafphasen des Babys, sollte man sich vom Kinderarzt oder der Hebamme beraten lassen. Viele Eltern raten außerdem dazu, das Baby zu pucken.

Durch das enge Wickeln werden die Arme am Körper fixiert, sodass die Reaktion deutlich abgeschwächt wird. Die Einschränkung soll dafür sorgen, dass das Baby nicht geweckt wird.

Das Pucken bringt jedoch einige Risiken mit sich und wird deswegen kontrovers diskutiert. Wir haben uns mit diesem Thema in unserem Artikel übers Schlafen auseinandergesetzt: https://www.lalemie.de/entspannt-durch-die-nacht/

 

Atemschutzreflex

Der Atemschutzreflex setzt ein, wenn Mund und Nase mit Wasser in Berührung kommen. Dabei werden die Atemwege verschlossen, um ein Eindringen von Wasser zu verhindern. Gemeinsam mit dem Schwimmreflex schützen diese beiden Reaktionsmuster das Baby, wenn es mit Wasser in Berührung kommt.

Dank des Atemschutzreflexes können Babys in ihren ersten Lebensmonaten gefahrlos tauchen. Meistens zeigen sie dabei keine Angst, sondern sind auch unter Wasser total entspannt.

Wie lange der Atemschutzreflex anhält, ist sehr individuell. Einige Babys verlieren ihn bereits im Alter von vier Wochen, bei anderen bleibt er bis zum sechsten Lebensmonat erhalten. Weil der Reflex auch bei starkem Wind oder beim Anpusten auslöst, können Eltern gefahrlos testen, ob die Reaktion noch vorhanden ist.

Den Atemschutzreflex machen sich viele Eltern beim Babyschwimmen zunutze. Dort werden sehr häufig Tauchübungen durchgeführt. Wichtig ist jedoch zu wissen, dass Reflexe allgemein ein vollautomatisches Programm sind, das für die Lebenserhaltung zuständig sind.

Es wird deswegen kontrovers diskutiert, ob die gängige Praxis – insbesondere das Tauchen – in vielen Babyschwimmkursen schädlich für die Entwicklung des Babys ist. Insbesondere das Untertauchen gerät immer wieder in die Kritik, obwohl ein funktionierender Reflex das Baby vor Schäden schützt.

Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) lehnt Untertauchübungen beim Babyschwimmen ab.[16]

Neben der Gefahr, das Vertrauensverhältnis zu belasten[17], kann es außerdem zu Ertrinkungsunfällen kommen. Weil die Zeitspanne, in der der Reflex vorhanden ist, sehr individuell sein kann, ist nicht sichergestellt, dass er bei allen Tauchversuchen zuverlässig greift.[18]

 

Asymmetrisch Tonischer Nackenreflex (ATNR)

Bei der passiven Drehung des Kopfes zu einer Seite wird der Asymmetrische Tonische Nackenreflex ausgelöst. Arm und Bein der Seite, zu der der Kopf gedreht wird, werden ausgestreckt. In der anderen Körperhälfte werden der Arm und das Bein hingegen gebeugt und zum Körper angezogen.

Der Reflex ist schon vor der Geburt vorhanden und hilft im Mutterleib, die Muskulatur zu trainieren. In den ersten Lebensmonaten bekommt das Baby durch den ATNR eine erste Information über die Richtungen links und rechts.

Weil es in die Richtung schaut, wo sich der Arm ausstreckt, wird mit dem Reflex der Grundstein für aktives Greifen gelegt. Auch die Hand-Auge-Koordination wird durch die Bewegung geschult.[19]

Mit dem Verstreichen des Lebenshalbjahres verliert der Reflex seine Funktion und kann dann sogar hinderlich sein, wenn das Baby beginnt, sich aktiv fortzubewegen und mit den Händen die Welt zu erkunden.[20]

 

Zungenstoßreflex

Der Zungenstoßreflex wird direkt an der Zunge ausgelöst. Mithilfe dieser Reaktion werden feste Gegenstände automatisch aus dem Mund befördert. Wenn das Baby sich beispielsweise nicht mit einem Schnuller beruhigen lässt und diesen immer wieder ausspuckt, kann das auf diesen Reflex zurückgeführt werden.

Der Säugling schützt sich mit diesem Reflex vor der Aufnahme von Fremdkörpern oder fester Nahrung, wenn es dafür noch nicht bereit ist. Etwa ab dem fünften Lebensmonat bildet lässt der Reflex deutlich zurück.

Zu diesem Zeitpunkt ist das Baby dann auch bereit für seinen ersten Brei. Weitere Beikostreifezeichen haben wir in diesem Artikel zusammengefasst: https://www.lalemie.de/beikost-und-babybrei/

 

Was sonst noch wichtig ist

In der ersten Lebenswoche kommt mit dem neuen Familienmitglied auf die Eltern auch eine Menge Bürokratie zu. Für die Geburt interessiert sich nicht nur die Familie, sondern beispielsweise auch das Einwohnermeldeamt und der Arbeitgeber.

Ebenfalls sollte man sich frühzeitig um einen Platz in der Krippe bewerben, wenn beide Eltern zeitig wieder ins Berufsleben zurückkehren möchten. Die Wartelisten sind je nach Wohnort sehr lang, sodass diese Formalität manchmal schon vor der Geburt oder in der ersten Lebenswoche erledigt werden sollte.

Folgende Ämter, Institutionen und Personen sollte man über die Geburt informieren:

  • Standesamt (Geburtsurkunde)
  • Einwohnermeldeamt (polizeiliche Meldung am Wohnort)
  • Krankenversicherung
  • Familienkasse (Kindergeld)
  • Elterngeldstelle (Elterngeld)
  • Finanzamt (Kinderfreibetrag)
  • Arbeitgeber (Elternzeit)
  • Jugendamt (Anerkennung der Vaterschaft bei Unverheirateten)
  • Jobcenter und Arge (bei Bezug von ALG I oder ALG II)
  • Gewünschte Kinderbetreuung (z. B. Krippe)

Genauere Informationen zu den wichtigsten Behördengängen finden sich in diesem Artikel: „Es geht nach Hause – Das erwartet junge Eltern in den ersten Lebenstagen “

 

Wichtiger Hinweis und Disclaimer

Dieser Artikel behandelt zum Teil auch ein Gesundheitsthema. Alle Angaben erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen und wurden sorgfältig recherchiert und mit fundierten Quellenangaben belegt. Die bereitgestellten Informationen erfolgen so objektiv wie möglich und sind – so weit möglich – frei von Wertung und Empfehlung.

Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit wird jedoch keine Garantie gegeben. Dieser Artikel dient nicht der Eigendiagnostik oder der medizinischen Beratung, sondern hat rein informativen Charakter. Er kann und soll die Beratung durch einen Arzt oder eine Hebamme nicht ersetzen.

[1] https://www.frauenaerzte-im-netz.de/schwangerschaft-geburt/schwangerschaft/schwangerschaftsdrittel/

[2] https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/pdf/10.1055/b-0034-53699.pdf

[3] https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/nur-die-pauken-nicht-die-trompeten-was-babys-im-mutterleib-hoeren/

[4] https://www.spektrum-hoeren.de/gehoer-und-hoerbeeintraechtigung/30-schwerhoerigkeit-bei-kindern/107-neugeborenenhoerscreening

[5] https://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/0-12-monate/sehen/

[6] https://flexikon.doccheck.com/de/Fontanelle

[7] https://www.simplyscience.ch/kids-liesnach-archiv/articles/weshalb-haben-alle-neugeborenen-babies-blaue-augen.html

[8] Sonntag, Kirsten: Babys erstes Jahr: 365 Tipps – Tag für Tag; Trias Verlag, 2008, S. 26.

[9] http://www.inpp.ch/downloads/Fachartikel_Uwe_Schiller.pdf

[10] https://flexikon.doccheck.com/de/Palmarer_Greifreflex

[11] https://flexikon.doccheck.com/de/Schluckakt

[12] Siegler, Robert; Eisenberg, Nancy; De Loache, Judy; Saffran, Jenny: Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter, Springer, 2016, S. 173.

[13] https://medlexi.de/Schreitreflex

[14] http://www.inpp-peters.de/ursache-und-symptome.html

[15] https://flexikon.doccheck.com/de/Moro-Reflex

[16] https://www.dlrg.de/fileadmin/user_upload/DLRG.de/Fuer-Mitglieder/Medizin/Merkblaetter_Medizin/Merkblatt_M3-001-14_.pdf

[17] https://www.kinderarzt.at/kindergesundheit/lexikon/babyschwimmen

[18] https://www.gpau.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Elternratgeber/ER_2014_3-14.pdf

[19] https://www.verlag-modernes-lernen.de/shop/pdf/1311/leseprobe1/1311.pdf

[20] https://dgne.de/informationen/fruehkindliche-reaktionen-tlr-moro-atnr-stnr/

Bildquellen

Illustrationen: Natalya Zelenina